Published: 24/06/2010
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Seit die Beschäftigten im Coca-Cola Abfüllbetrieb in der Stadt Multan im Süden Pakistans im Juni 2009 sich gewerkschaftlich organisiert haben, sind die Mitglieder der neu gegründeten Gewerkschaftsorganisation Todesdrohungen, Entführung, Entlassungen, Erpressung, Fälschung und Betrug ausgesetzt.

Die bösartige Reaktion der Betriebsleitung auf den Kampf der Arbeitnehmer für eine Gewerkschaft ist eine endlose Geschichte aus Gewalt, Korruption, Filz und zunehmender Kriminalität.

Der Betrieb in Multan gehört zur Coca-Cola Beverages Pakistan Limited (CCBPL), einem Gemeinschaftsunternehmen des türkischen Abfüllers Coca-Cola Icecek (CCI) und der Coca-Cola Company (TCCC) mit Sitz in Atlanta. TCCC ist die Spitze des globalen Coca-Cola Systems und ist in jeder Phase über jede einzelne illegale Maßnahme der Betriebsleitung in Multan unterrichtet worden. Was tut Coca-Cola, ein aufrechtes und sozial verantwortungsbewusstes Unternehmen, in einer solchen Spelunke? Arbeitnehmer im gesamten weltweiten Coca-Cola-System verlangen Antworten – und bestehen darauf, dass das Unternehmen in diesem Betrieb aufräumt und die Rechte der Arbeitnehmer respektiert. Die Geschichte beginnt mit …

Erpressung

Die Employees’ Coca-Cola Beverages Union entstand durch die Organisierungsbemühungen des IUL-Mitgliedsverbandes National Federation of Food, Beverages and Tobacco Workers (NFFBTW), dem auch Arbeitnehmer in drei weiteren Betrieben von Coca-Cola Pakistan angehören.

Die Betriebsleitung in Multan reagierte auf die gewerkschaftlichen Organisierungsbemühungen in Multan von Anfang an feindselig. Während die Gewerkschaft ihren Gründungskongress am 19. Juni 2009 vorbereitete, begann eine Erpressungskampagne gegen die 36 Vertriebsbeauftragten (SMOs) des Betriebes, die als Gewerkschaftsaktivisten bekannt geworden waren. Am 8. Juni wurden alle SMOs angewiesen, abgestempelte Blanko-Rechtsdokumente (wie sie für eidesstattliche Erklärungen oder Geständnisse verwendet werden) zu unterzeichnen und unterzeichnete Blanko-Schecks auszustellen. Wer es ablehnte, diese eindeutig illegale Anweisung zu befolgen, musste im Betrieb bleiben und durfte seine Verkaufsroute nicht antreten – was Provisionsverluste in Höhe eines Drittels des Monatseinkommens zur Folge hatte. Zwanzig Tage lang wurden die SMOs bearbeitet, damit sie diese Schecks ausstellten. Vier von ihnen, die sich weigerten, wurden schließlich entlassen, ebenso wie drei direkt im Betrieb angestellte “Zeitarbeitnehmer”, alle offene Gewerkschaftsanhänger …

Als die NFFBTW und die IUL die Unternehmensleitung der CCBPL und die TCCC-Konzernleitung in Atlanta über die Gründung der neuen Gewerkschaft am 25. Juni, dem Tag ihrer Anmeldung beim Bezirksarbeitsbeamten, informierten, reagierte die Betriebsleitung mit verstärkten Angriffen gegen Gewerkschaftsfunktionäre, um die Gewerkschaft zu zwingen, sich aufzulösen.

Angesichts der Drohungen und Einschüchterungen noch vor der Registrierung der Gewerkschaft beantragten Gewerkschaftsfunktionäre am 26. Juni vorausschauend beim Arbeitsgericht Punjab eine “einstweilige Verfügung”, die der Betriebsleitung Maßnamen gegen sie untersagen sollte. Die Betriebsleitung von Coca-Cola Multan jedoch verletzte die einstweilige Verfügung unverzüglich durch erzwungene Versetzungen und Entlassungen. Vier Gewerkschaftsfunktionäre wurden nach Hause geschickt und angewiesen, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen. Am 27. Juni wurde dem Gewerkschaftsvorsitzenden Ghulam Rasool, der seit 18 Jahren in dem Betrieb tätig ist, eine Fernstrecke in die nördliche Provinz Belutschistan zugewiesen, um ihm direkte Kontakte zu den Arbeitnehmern in Multan nahezu unmöglich zu machen. Diese Versetzung stellte zwar eine Verletzung der Gerichtsverfügung dar, doch der Generaldirektor des Betriebs tat diese Verfügung als “unmaßgeblich” ab. Die Gewerkschaft hat inzwischen Klage gegen die Betriebsleitung wegen Missachtung des Gerichts durch die Verletzung der einstweiligen Verfügung eingereicht – nach pakistanischem Recht ein Straftatbestand.

Entführung …

Auf den Versuch der Registrierung folgten am 27. und 28. Juni “nächtliche Besuche” in den Privatwohnungen von Gewerkschaftsfunktionären. Acht Manager von Coca-Cola Multan versuchten, Gewerkschaftsfunktionäre zum Austritt aus der Gewerkschaft oder zur Unterzeichnung eines Schreibens zu zwingen, mit dem sie den Registrierungsantrag der Gewerkschaft zurückgezogen hätten. Am Morgen des 28. Juni wurde der stellvertretende Gewerkschaftssekretär Riaz Hussain von mehreren Managern entführt, an einem unbekannten Ort festgehalten und bedroht, ehe er einige Zeit später wieder freigelassen wurde.

Durch ihre Intervention bei TCCC erreichte die IUL die Wiedereinstellung der entlassenen Funktionäre und die Rücknahme der Versetzung des Gewerkschaftsvorsitzenden sowie Zusagen, dass weitere Schikanen und Einschüchterungen unterbleiben würden. Diese Zusagen wurden von der lokalen Betriebsleitung unverzüglich missachtet. Als die Gewerkschaftsfunktionäre am 9. Juli an ihre Arbeit zurückkehrten, wurden sie während der gesamten Schicht von Sicherheits- und Führungskräften verfolgt, wodurch eine Atmosphäre der Angst geschaffen wurde, die es Gewerkschaftsmitgliedern unmöglich machte, mit ihren Vertretern zu sprechen.

Politische Einflussnahme

Die Betriebsleitung nutzte ihre politischen Verbindungen, um Druck auf den zuständigen Registerbeamten auszuüben, die Registrierung der Gewerkschaft abzulehnen. Am 10. Juli 2009 schließlich gab die Bezirksarbeitsbehörde diesem Druck nach. Um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden, beschloss die Gewerkschaft, einen zweiten Antrag für dieselbe Gewerkschaft, nunmehr unter dem Namen People’s Employees Union CC Multan, zu stellen. Dieser Antrag ist bis heute noch nicht genehmigt worden …

Todesdrohungen

Als die IUL und die NFFBTW ihren Druck auf TCCC und die CCBPL, die Gewerkschaftsrechte in Multan einzuhalten, erhöhten, reagierte die lokale Betriebsleitung immer verzweifelter, nunmehr mit Todesdrohungen gegen Gewerkschaftsfunktionäre und ihre Familien. Unbekannte begannen damit, die Wohnungen der Gewerkschaftsfunktionäre aufzusuchen, darunter auch die Wohnung des Generalsekretärs Mohammad Ashiq Bhutta, der gleichzeitig Landesinformationssekretär der NFFBTW ist. Sie überbrachten eine klare Botschaft der Betriebsleitung von Coca-Cola Multan: Tritt aus der Gewerkschaft aus oder du oder deine Angehörigen könnten Opfer eines “Unfalls” und dabei verletzt oder getötet werden.

Mit Unterstützung durch die IUL und mit Hilfe der NFFBTW wurden die Familien der Gewerkschaftsfunktionäre umgehend an sichere Orte verbracht, einige in 300 km Entfernung.

Gründung einer arbeitgeberabhängigen Gewerkschaft

Um jede Möglichkeit der Arbeitnehmer zu unterbinden, die rechtliche Anerkennung ihrer Gewerkschaft zu erreichen, gründete die Betriebsleitung ihre eigene ‘Gewerkschaft’ unter der Bezeichnung “Workers Welfare (Mazdoor) Union”. Mit Hilfe von Bestechungen und Drohungen erreichte die Betriebsleitung von CCBPL Multan, dass ihre unechte Gewerkschaft am 13. August 2009 registriert wurde.

Wie unecht ist unecht? Als die People’s Employees Union, die Gewerkschaft der Arbeitnehmer, die Coke Multan zu zerschlagen versucht, Einspruch gegen den Versuch der Betriebsleitung erhob, ihre eigene Organisation registrieren zu lassen, gab Muhammad Shafi, den die Multan-Betriebsleitung als Vorsitzenden der Mazdoor-Gewerkschaft bezeichnet hatte, am 23. Oktober gegenüber der Arbeitsbehörde eine Erklärung ab, wonach er nicht der Vorsitzende dieser Organisation sei, nie einen Registrierungsantrag gestellt habe, nicht an der sogenannten Gründungsversammlung teilgenommen habe und jede etwaige Unterschrift in Form eines Daumenabdrucks eine Fälschung sei. Die Betriebsleitung der CCBPL Multan wies Mohammad Shafi an, seine Erklärung zurückzuziehen. Er weigerte sich und wurde daraufhin unter Druck gesetzt und bedroht. Im Januar 2010 wandte sich die Betriebsleitung an seine Familie und seine Freunde, damit sie Druck auf ihn ausüben sollten, seine Erklärung zurückzunehmen, weil ihm andernfalls die Entlassung drohe.

Von der unechten Gewerkschaft zum unechten Arbeitsvermittler …

Außer den 7 Gewerkschaftsmitgliedern, die in den Anfangsphasen des Gewerkschaftskampfes entlassen wurden, entließ die Betriebsleitung im vorigen Jahr 20 weitere direkt beschäftigte Arbeitnehmer, die sich aktiv in der Gewerkschaft engagiert hatten. Die Entlassungsschreiben wurden von ‘Muhammad Saeed Awan, Arbeitsvermittler’ ausgestellt, obwohl diese Arbeitnehmer direkt von der CCBPL eingestellt worden waren und zu keinem Zeitpunkt während ihrer Beschäftigung bei CCBPL Multan eine Zahlung von Saeed Awan oder einem seiner Vertreter erhalten oder von einer solchen Person gehört oder sie auch nur gesehen hatten.

Die Entlassungsschreiben weisen keine Adresse der dubiosen Firma ‘Saeed Awan Labour Contractor’ auf. Die amtliche staatliche Datenbank der Arbeitgeber, die Zahlungen an die obligatorische Pensionskasse leisten, enthält keine derartige Firma als Arbeitsvermittler für Coca-Cola oder ein anderes Unternehmen in Pakistan. Nachdem das Unternehmen drei verschiedene Adressen vorgelegt hatte, endete die Jagd nach Saeed Awan in einem Treffen in einem Büro, wo der Person, die Saeed Awan zu sein behauptete, von seinen von der CCBPL-Firmenleitung geschickten “Aufsehern” untersagt wurde zu sprechen. Auf der Suche nach dem Absender der Einschreibbriefe der in aller Eile konstruierten Firma Saeed Awan Labour Contractor konnte ermittelt werden, dass diese Briefe in Wirklichkeit von der Privatadresse eines ‘Torwächters’ von Multan verschickt wurden, der angab, die Briefe seien nicht von ihm, sondern von der Firmenleitung verfasst und von ihm auf ihre Anweisung hin unterzeichnet worden.

Seither hat die Gewerkschaft massive Änderungen der Sozialversicherungskarten von Mitgliedern der Multan-Gewerkschaft festgestellt. Gewerkschaftsmitglieder wurden angewiesen, ihre Karten abzugeben, die sie sodann zurückerhielten, nachdem hinter dem Namen “Coca-Cola factory” die Worte “Saeed Awan Contractor” mit einer anderen Tinte ergänzt worden waren.

Mit Hilfe der groben Fälschung amtlicher Dokumente und des massiven Betrugs versucht die Betriebsleitung den Eindruck zu erwecken, dass Gewerkschaftsmitglieder bei der CCBPL nicht Beschäftigte des Unternehmens sind, in dem sie seit vielen Jahren tätig sind. Damit hätten sie natürlich keinerlei Recht auf Kollektivverhandlungen mit Coca-Cola … falls Saeed Awan Labour Contractor tatsächlich existierte. Wenn es diese Firma aber wirklich gäbe, hätte sich CCBPL nach pakistanischem Recht noch weiterer Straftaten schuldig gemacht, da dieses keine “Vermittlungsagenturen” mit “Vertragsarbeitern” kennt, die nicht unmittelbar vom Nutzerbetrieb beschäftigt werden.

CCBPL behauptet nunmehr, dass 283 Arbeitnehmer in Multan von ‘Saeed Awan Labour Contractor’ beschäftigt werden!

Neue Drohungen

Weil Erpressung, Betrug, Entführung, gesetzwidrige Entlassungen, Missachtung des Gerichts und Eingreifen in Rechtsverfahren (Blockierung der Gewerkschaftsregistrierung) offensichtlich nicht genügten, hat die Betriebsleitung in Multan Betriebseinrichtungen für Moeen Qureshi zur Verfügung gestellt, einem gut vernetzten Politiker und ehemaligen Sportminister des Bundesstaates Panjab, der gleichzeitig Vetter und Schwager von Amir Qureshi ist, dem Direktor des Geschäftsbereichs Süd der CCBPL. Moeen Qureshi hat sich mehrmals im Büro des HR-Managers der Fabrik aufgehalten und Gewerkschaftsmitglieder zu sich gerufen, wobei er sie bedrohte und anwies, ihre Mitarbeit in der Gewerkschaft einzustellen.

Die Betriebsleitung von Coke Multan versucht ebenso prinzipienlos wie verzweifelt, Arbeitnehmer an der Ausübung ihrer Rechte zu hindern. Aber trotz all ihrer illegalen Maßnahmen und der gnadenlosen Gewerkschaftsfeindlichkeit, die sie seit einem Jahr bekundet, bleiben die Gewerkschaftsfunktionäre und ihre Anhänger standhaft und fest entschlossen, die Anerkennung der Gewerkschaft durchzusetzen und die neuesten IUL-Mitglieder innerhalb des Coca-Cola Systems zu werden.

Die IUL macht TCCC in Atlanta verantwortlich für das, was in ihren Abfüllbetrieben in aller Welt geschieht. Gewalt, Entlassungen und Druck auf Arbeitnehmer, um die Rechte und die Anerkennung von Gewerkschaften zu verhindern, sind strafbare Handlungen.

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